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Juristische Fachinformation: Übertragung Betreiberpflichten

KURZ ERKLÄRT:

Nach den Versammlungsstättenverordnungen (VStättV) der Länder trägt der Betreiber einer Versammlungsstätte die Betreiberpflichten. Er kann diese jedoch auf den Veranstalter übertragen. Wie sieht das in der Praxis aus? Es wird üblicherweise eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen, in der „die Betreiberpflichten“ pauschal übertragen werden oder es wird einfach der Text der einzelnen Vorschriften zu den Betreiberpflichten übernommen. Damit ist der Schwarze Peter beim Veranstalter und der Betreiber kann sich entspannt zurücklehnen – oder nicht!?

SO IST DIE RECHTSLAGE:

Eine Übertragung der Betreiberpflichten erfordert wesentlich mehr als nur eine schriftliche Vereinbarung. § 38 Abs
5 MVStättVO lässt die Übertragung auf den Veranstalter nur zu, wenn dieser oder dessen beauftragter Veranstaltungsleiter mit der Versammlungsstätte und deren Einrichtungen vertraut ist. Die Pflichten können nur insoweit wirksam übertragen werden, wie der Veranstalter auch tatsächlich in der Lage ist, diese wahrzunehmen. Dazu braucht er die Sachkompetenz und er muss auch faktisch in der Lage sein, die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der Betreiberpflichten einzuleiten und zu überwachen. Neben entsprechenden
Weisungsrechten müssen auch Überwachungs- und Steuerungsmöglichkeiten gegeben sein. Er muss also tatsächlich
in der Lage sein, die sicherheitsrelevante Infrastruktur zu bedienen. Dazu braucht er einen uneingeschränkten Zugang
zu allen relevanten Räumen und Anlagen und die entsprechenden Fachkenntnisse.

In vielen Versammlungsstätten wird es Organisationsstrukturen, Anlagen und Einrichtungen geben, die von externen
Veranstaltern nicht sachgerecht überwacht und gesteuert oder fachgerecht bedient werden können – zumindest wird
eine ausgiebige Einweisung und Überwachung erforderlich sein. Insoweit können dann die Betreiberpflichten von vornherein nicht wirksam übertragen werden.

Die schriftlichen Formulierungen der Vereinbarung zur Übertragung der Betreiberpflichten sind im Zweifel allgemeine Geschäftsbedingungen. Diese sind nur wirksam, wenn sie keine überraschenden Klauseln enthalten und den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Unabhängig davon ist bei nur allgemein formulierten Übertragungen für den Veranstalter nicht ohne weiteres erkennbar, wie weit seine Pflichten aber auch seine Befugnisse reichen. Deshalb müssen die zu übertragenden Betreiberpflichten konkret benannt werden.

Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass auch bei einer wirksamen Übertragung der Betreiberpflichten der Betreiber
nach § 38 Abs. 5 MVStättVO in der Verantwortung bleibt. Dies umfasst mindestens die Überwachung und Kontrolle sowie ggf. die Einleitung notwendiger Maßnahmen.

Das größte Risiko bei der Übertragung der Betreiberpflichten ist die oft entstehende Unsicherheit in der Verantwortung. In erster Linie muss geklärt werden, wer sich tatsächlich um die Einhaltung der Betreiberpflichten kümmert. Der Betreiber geht nach einer pauschalen (unwirksamen?) Übertragung davon aus, dass der Veranstalter sich um alles kümmert. Tatsächlich bleibt der Betreiber in der Verantwortung und damit ggf. auch in der Haftung – und zwar sowohl öffentlich-rechtlich aus der VStättV, als auch zivilrechtlich wegen Verletzung der Organisationspflichten. Aber auch der Veranstalter tut sich keinen Gefallen. Er übernimmt faktisch Verantwortung, ohne rechtlich dazu verpflichtet zu sein. Gerade dadurch entstehen für ihn neue Haftungsrisiken, denn er verspricht schließlich dem
Betreiber, sich um gewisse Dinge zu kümmern.


DARAUF KOMMT ES AN:

  • Die Betreiberpflichten können vom Betreiber auf den Veranstalter nur schriftlich übertragen werden. Die Regelungen müssen im Detail festlegen, welche Betreiberpflicht in welchem Umfang übertragen wird.
  • Die wirksame Übertragung erfordert eine umfassende Unterweisung verbunden mit entsprechenden Anweisungen zur Ausübung.
  • Der Betreiber wird mit Übertragung der Betreiberpflichten von seiner Verantwortung nicht frei, sondern bleibt zur Überwachung, Kontrolle und Veranlassung der notwendigen Maßnahmen verpflichtet. Weil Betreiber und Veranstalter gemeinsam in der Verantwortung stehen, sind die Aufgaben und Verantwortlichkeiten exakt und lückenlos abzugrenzen.
  • Betreiber sollten sich gut überlegen, ob sie Betreiberpflichten übertragen. Wenn sie es tun, müssen sie kontrollieren, ob die Pflichten vom Veranstalter auch tatsächlich erfüllt werden.
  • Veranstalter sollten bei einer Übertragung darauf achten, dass sie die übertragenen Aufgaben auch tatsächlich erfüllen können und eine Einweisung in die jeweiligen Organisationsstrukturen und Einrichtungen der Versammlungsstätte einfordern.

Egal ob Betreiberpflichten übertragen werden oder nicht: Keiner der Beteiligten wird ganz von seiner Verantwortung frei.

Noch Fragen? WIR BERATEN EUCH GERNE!

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